Die vor Kurzem durch die Landtagsfraktionen der CDU und der FDP vorgestellte Einigung
auf Änderungen in der Kommunalverfassung kann in keinem Fall mit einer Zustimmung der
SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag rechnen. „Die Abschaffung der Stichwahl und
die Hebung der Einwohnerzahlen für wahlbereichsübergreifende Listen sind die
deutlichsten Zeichen eines politischen Kuhhandels zwischen der CDU und der FDP. Die
CDU drängt auf die Abschaffung der Stichwahlen, da sie sich so bessere Chancen für ihre
Kandidaten ausrechnet. Die FDP wiederum drängt auf größere Bereiche für Listen, da sie
Probleme hat, genügend Bewerber innerhalb der bisherigen Bezirke zu finden. Diese rein
wahltaktische Motivation der Koalition ist offensichtlich. Unserer kommunalen Demokratie
wird damit aber nicht gedient“, sagte Marcus Bosse, Landtagsabgeordneter der SPD.
Der Verzicht auf die Stichwahl bedeute, so Bosse weiter, dass zukünftig ein Bürgermeister
mit einer deutlich unterhalb der absoluten Mehrheit liegenden Stimmenzahl gewählt werden
könne. Von einer breiten demokratischen Legitimation könne keine Rede sein. Die größeren
Wahlbereiche führten wiederum dazu, dass die bislang notwendige Gewinnung der
Listenkandidaten aus möglichst vielen Teilen einer Gemeinde künftig unterbleiben könne.
„Außerdem, das darf man nicht außer Acht lassen, hätten es extremistische Parteien, die in
der Fläche nicht verankert sind, dank CDU und FDP deutlich einfacher, eine gültige Liste
für einen Wahlbereich einzureichen“, sagte Bosse.
Ärgerlich findet der SPD-Abgeordnete auch die Behauptung der Regierungskoalition, durch
ihre Vorschläge würde das Ehrenamt gestärkt. Zwar fänden sich ein paar Änderungen, eine
wirkliche Stärkung des Ehrenamts sei aber nicht erkennbar. Bosse: „Dass zukünftig alle
Ratsmitglieder an den Sitzungen des Verwaltungsausschusses teilnehmen dürfen, wird wohl
kaum mehr Bürgerinnen und Bürger dazu bewegen, ein kommunales Mandat anzustreben“.
Auf kräftige Gegenwehr aller Kommunen im Land setze er bei der geplanten Einschränkung
der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen sowie der Schaffung einer Klagebefugnis
für Private. „Wer in Zeiten, in denen die kommunale Handlungsfähigkeit ohnehin massiv
bedroht wird, Gemeinden, Kreisen und Städten auch noch die Möglichkeiten der Wirtschaft
beschneiden will, der hat jeden Anspruch darauf verloren, zu behaupten, er betreibe
kommunalfreundliche Politik. Das glatte Gegenteil ist der Fall“, kritisierte der SPDAbgeordnete.
In jedem Fall seien die Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung
derart umfassend, dass es zwingend einer neuen Anhörung der kommunalen
Spitzenverbände bedürfe. Die SPD-Fraktion werde darauf bestehen. Bosse: „Wir erwarten
hierbei heftigen Gegenwind für die Koalition.“